"Die letzten Worte sollten keine Flüche sein": Die Einstellung der Ukrainer zur Obszönität

Der Verband der orthodoxen Journalisten führte eine Umfrage auf den Straßen ukrainischer Städte durch, um die Einstellung der Menschen zur Obszönität zu ermitteln, die zu einem bemerkenswerten Teil des öffentlichen Raums geworden ist
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Der Gebrauch von unflätiger Sprache in der Ukraine hat erhebliche Ausmaße angenommen. Flüche kommen aus dem Mund von Politikern und Diplomaten, Abgeordneten und Beamten. Sie werden in der Werbung, im Fernsehen verwendet, in Zeitungen gedruckt und sind in sozialen Netzwerken weit verbreitet.
Besonders häufig tritt unflätige Sprache in Videos über Raketenangriffe und in militärischen Berichten auf. Darüber hinaus wird eine vulgäre Botschaft an den Aggressor manchmal zum Symbol des Patriotismus, sie ist auf Briefmarken und T-Shirts zu sehen.
Aber wie stehen gewöhnliche Ukrainer zu einer solchen „Legitimation“ unflätiger Sprache? Die Union der Orthodoxen Journalisten hat beschlossen, dies herauszufinden, indem sie den Bewohnern der Städte drei Fragen stellte:
- Fluchen Sie? Wenn ja, in welchen Situationen?
- Halten Sie Flüche während des Krieges für zulässig? In welchen Situationen?
- Wenn Sie in eine Stresssituation geraten (mit einem Hammer auf den Finger schlagen, stolpern, eine Rakete sehen), was sagen Sie? Und wie würden Sie zu Ihren Worten stehen, wenn dies der letzte Moment Ihres Lebens wäre?
Was die Umfrage der SPJ zeigte
Die Umfrageergebnisse zeigten ein interessantes Bild.
Trotz der allgegenwärtigen Präsenz unflätiger Sprache im öffentlichen Raum zeigten die meisten Befragten eine Bindung an traditionelle Werte und einen respektvollen Umgang mit dem Wort.
Die Menschen sind nicht dazu übergegangen, Flüche als Hauptkommunikationsmittel zu verwenden.
Viele gaben zu, dass sie manchmal „starke“ Ausdrücke in extremen Situationen verwenden, aber sie verstehen klar die Grenzen des Zulässigen. Besonders aufschlussreich waren die Antworten auf die abschließende Frage zu den „letzten Worten“. Die Menschen dachten ernsthaft darüber nach und änderten oft ihre Einstellung zu Flüchen, als sie erkannten, dass diese Worte die letzten in ihrem Leben sein könnten.
„In dem, worin ich dich finde, darin werde ich dich richten“
Die dritte Frage erwies sich als die bedeutendste aus spiritueller Sicht. Viele dachten zum ersten Mal darüber nach: Was, wenn die Worte, die in einem kritischen Moment herausplatzen, tatsächlich die letzten sind? Der Krieg zeigt deutlich, wie real der plötzliche Tod durch eine Rakete, Granate oder einen Terroranschlag ist.
Die Worte des Herrn kommen in den Sinn: „In dem, worin ich dich finde, darin werde ich dich richten“. Mit welchen Worten ein Mensch seinen Tod trifft, mit solchen wird er vor Gott treten.
Traurigerweise enthalten die Aufzeichnungen der „Black Boxes“ von abstürzenden Flugzeugen meist genau vulgäre Flüche.
Warum sind es gerade diese Worte, die den Menschen Sekunden vor dem Tod entweichen? Weil sie sie ihr ganzes Leben lang verinnerlicht haben und sie zu einem Teil von sich gemacht haben. Der heilige Apostel Paulus warnt: „Kein faules Wort soll aus eurem Mund kommen, sondern nur das Gute zur Erbauung im Glauben, damit es den Hörern Gnade bringe“ (Eph. 4, 29). Es geht nicht um die Klänge selbst, sondern um die Absicht und die Emotionen, die wir in sie legen.
Flüche als Weg zum Primitivismus
Die Legitimation unflätiger Sprache ist nicht nur eine Senkung des kulturellen Niveaus. Es ist eine gefährliche Tendenz, die zu einer intellektuellen Verarmung der Gesellschaft führt. Wenn ein Mensch sich daran gewöhnt, alle Emotionen und Bewertungen mit zwei oder drei „starken Worten“ auszudrücken, schrumpft sein Wortschatz katastrophal.
George Orwell erzählt in der Dystopie „1984“ von der Einführung der sogenannten „Neusprache“ - einer Sprache mit einem minimalen Wortschatz. Das Ziel ist einfach: Ein Mensch, der keine literarischen Worte hat, um komplexe Gedanken auszudrücken, kann diese Gedanken nicht formulieren. So wird er leicht lenkbar.
„Verstehen Sie nicht, dass das Ziel der Neusprache darin besteht, die Horizonte des Denkens zu verengen? Schließlich werden wir das Gedankenverbrechen einfach unmöglich machen - es wird keine Worte dafür geben“, warnt Orwell.
Ein Mensch, der sich daran gewöhnt hat, seine Einstellung zur Welt nur mit vulgären Worten auszudrücken, verliert unbemerkt die Fähigkeit zum komplexen Denken. Er beginnt, mechanisch aufgezwungene Parolen und Narrative zu wiederholen und wird völlig lenkbar.
Was sagt die Kirche?
Die Kirche ist kategorisch gegen Flüche, und hier ist der Grund:
Erstens sind vulgäre Worte fest mit Wut, Zorn, Beleidigung - in den extremsten Graden - verbunden. In der Bergpredigt warnte Christus: Wer zu seinem Bruder „Narr“ (in Wut, mit dem Wunsch zu erniedrigen) sagt, „ist der Hölle des Feuers schuldig“ (Mt. 5, 22). Flüche werden genau in diesem Kontext ausgesprochen - um Wut und Erniedrigung auszudrücken.
Zweitens entweihen Flüche das Heiligste: eheliche Beziehungen, die Geburt von Kindern, die körperliche Würde des Menschen. Die Kirche heiligt den ehelichen Umgang mit einem besonderen Sakrament, während Flüche ihn zum Gegenstand von Spott und Hohn machen.
Drittens stammt das Wort „Fluch“ von „Mutter“ - dem Kostbarsten für jeden Menschen. Flüche richten sich gegen die Mutterschaft als solche. Und wenn man bedenkt, dass Christus am Kreuz die Gottesmutter zur Mutter aller Gläubigen machte, wird der Fluch noch blasphemischer.
Die heiligen Väter sind sich auch einig in der Verurteilung von Flüchen und nennen die Fluchrede „faule Samen“ (hl. rechtschaffener Johannes von Kronstadt) und „Mutter aller Leidenschaften“ (hl. Johannes Klimakos).
Hoffnung auf gesunden Menschenverstand
Die Ergebnisse der SPJ-Umfrage geben Hoffnung. Trotz der totalen Propaganda von Flüchen in den Medien und der Politik bewahren gewöhnliche Ukrainer gesunden Menschenverstand und Verständnis für die Grenzen des Zulässigen. Sie sind nicht der Primitivisierung der Sprache erlegen, haben nicht die Fähigkeit zum komplexen Denken verloren.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Frage nach den „letzten Worten“ viele ernsthaft zum Nachdenken brachte. Die Menschen verstehen: Es gibt Dinge, die wichtiger sind als momentane Emotionen. Es gibt Worte, mit denen es beschämend ist, vor Gott zu treten.
Der Krieg wird früher oder später enden. Aber die Worte, die wir aussprechen, formen uns als Persönlichkeiten und als Volk.
Davon, wie und was wir sagen, hängt ab, welche Menschen wir in diesem, dem zeitlichen Leben werden und mit welchem Gepäck wir in das ewige Leben übergehen. Werden wir unsere christliche Identität bewahren oder uns in eine primitive Gesellschaft verwandeln, die in Parolen denkt?
Unsere Umfrage zeigte: Die endgültige Wahl ist noch nicht getroffen. Und das gibt Anlass zu Optimismus.
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